Bierherstellung
Schinkels Brauhaus in Witzenhausen

Schinkels Brauhaus in Witzenhausen ist eine handwerkliche Kleinbrauerei, die sich durch eine besondere Produktionsweise, individuelles Angebot und Flexibilität hervorhebt. Aus der Kooperation von Universität und lokaler Wirtschaft entsteht ein Produkt aus zertifizierten Rohstoffen, ökologischen Anbaus mit neuer Qualität.


Bier-Brauen

Das eigentliche Brauen findet in dem kupfernen Kessel im Sudhaus statt, die wir „Sudwerk" nennen. Das Sudwerk (Bild) ist im Prinzip zwei große Kochtöpfe mit eingebautem Rührwerk und Sieb, vielen Rohren, Ventilen und einer großen Pumpe, die die Flüssigkeit an die gewünschten Stellen im Sudwerk befördert. Die Füllmenge mit fertiger Würze beträgt etwa 1000 Liter. Die Würze ist eine Art „Suppe" aus Wasser, Malz und Hopfen.

Sudwerk
Sudwerk - Braumeister Rainer Schinkel

Das Malz beziehen wir aus der Mälzerei „Rhönmalz" in Mellrichstadt. In der Mälzerei wird in einem aufwändigen Prozess die Gerste zum Keimen gebracht. Bei der Keimung werden Enzyme aktiviert oder auch neu gebildet, die die Inhaltsstoffe des Kornes, Kohlenhydrate, Proteine, Fette und Vitamine für das Wachstum des Keimlings aufschließen. So wird aus Stärke zum Beispiel Zucker, den wir für die Gärung benötigen. Zu einem genau festgelegten Zeitpunkt wird das Korn gedarrt (bei hohen Temperaturen getrocknet) und dann in Säcken an uns ausgeliefert. Wir schroten das Malz selbst mit einer Schrotmühle.

Im Sudwerk wird das geschrotete Malz mit Wasser vermischt und erhitzt. Dabei sind verschiedene Temperaturen und Wartezeiten genau einzuhalten, die sogenannten „Rasten". Während dieser Rasten wird die im Malz noch enthaltene Stärke in verschiedene Zucker umgewandelt und die enthaltenen Zucker weiter zu gärfähigen Zuckern umgebaut und aus dem Malz herausgelöst. Die verschiedenen Temperaturen aktivieren wieder bestimmte im Malz enthaltene Enzyme, dies zu tun. Die Rasten dauern 5, 50 und 60 Minuten, und während dieser Zeiten hat man den Eindruck, es passiere gar nichts. Nach Ablauf der Rasten macht der Braumeister eine Jodprobe, um festzustellen, ob die Verzuckerung vollständig erfolgt ist. Diese Probe ist ein sehr kleiner Schritt mit sehr großer Bedeutung, denn die Zucker stellen schließlich das „Futter" für die Hefe dar. Das vorliegende Gemisch aus Wasser und Malz nennt man „Maische".

Die Maische wird jetzt auf den „Läuterboden" gepumpt, einen großen Blechboden mit sehr vielen schmalen Schlitzen. Dieser ist das oben schon erwähnte eingebaute Sieb. Hier setzen sich die Spelzen unten ab und dienen als natürliche Filterschicht. Durch diese Schicht lässt der Biersieder nun langsam die Maische ablaufen, sodass sie sich von den festen Bestandteilen trennt. Diese Flüssigkeit heißt ab jetzt „Würze". Die auf dem Senkboden liegenden Spelzen werden mit drei Nachgüssen von 50 und zweimal 100 Liter Heißwasser noch weiter ausgelaugt. Dieser ganze Filtervorgang dauert noch einmal etwa zwei Stunden.

Die ausgelaugten Spelzen haben ihre Aufgabe erfüllt und heißen jetzt Treber. Dieser wird aus dem Sudwerk entfernt und stellt noch ein sehr wertvolles Viehfutter dar, wird also nicht etwa weggeworfen.

Die Würze wird jetzt bis zum Kochen weiter erhitzt und der Hopfen zugefügt. Der Hopfen hat nicht nur geschmackliche Aufgaben, sondern enthält auch bestimmte Stoffe, die in der Würze enthaltene Eiweiße flocken und ausfällen lassen.

Das Kochen der Würze dauert noch einmal 1 ½ Stunden und hat folgende Aufgaben:

  • Eiweißflockung: Durch die Hitze flocken Eiweiße und fällen aus, bilden also eine Art Grieß.
  • Sterilisation: Durch das Kochen werden alle in der Würze enthaltenen Keime abgetötet, die sonst die Gärung negativ beeinflussen könnten.
  • Aromabildung: Der Hopfen enthält verschiedene ätherische Öle, von denen einige für den Geschmack unerwünscht sind und während des Kochens verdunsten.
  • Stammwürze: Die Würze wird durch das starke Kochen (100 °C) wie eine gute Soße reduziert, Wasser wird bis zum Erreichen einer gewünschten Stammwürze einfach verdampft, der Dampf mit einem Gebläse an die Außenluft abgegeben.

Nach Ende des Kochvorganges wird noch eine Rast von ca. 20 Minuten eingehalten, bei der sich die ausgeflockten Eiweiße auf dem Boden absetzen können. Die fertige Würze wird jetzt durch einen Kühler gepumpt und mit einer Temperatur von etwa 15 °C in den Transportanhänger befördert. Damit ist der eigentliche "Brauprozess" beendet. Die Flüssigkeit heißt immer noch Würze, nicht Bier.


Bier-Gärung

Die Vergärung erfolgt in zwei Gärtanks mit einer Kapazität von je 1000 Liter Bier. Sie haben einen Kühlmantel, der eine Eiswasser- bzw. Glykolkühlung ermöglicht, welche bei Bedarf elektronisch gesteuert werden kann. Weiter sind sie ausgestattet mit einer Gärarmatur, die einen genau einstellbaren Gegendruck bei der Gärung aufrecht erhält und einem "Zwickel", einem kleinen Hahn, aus dem jeden Tag Proben gezogen werden, um die Vergärung zu kontrollieren.

Biergären
Biergärung - Vergärung in Gärtank

Diese Tanks werden nach jedem Durchgang intensiv gereinigt und desinfiziert und warten jetzt sauber auf die neue Würze.

Zuerst wird die neue Hefe in den Tank gegeben, pro Durchgang etwa 10 bis 15 Liter. Die Hefe möchte zu Beginn der Gärung "gestreichelt" werden, sie möchte es schön warm haben, etwa 15 °C sind genehm, und sie wird belüftet, also mit Sauerstoff angereichert. So setzt die Gärung schnell und intensiv ein.


Exkurs: Obergärig oder Untergärig?

Es gibt zwei Hefearten, obergärige (Saccharomyces cerevisiae) und untergärige (Saccharomyces carlsbergensis). Die Namen erklären sich selbst: Die obergärige Hefe sprosst und bildet große Zellverbände, diese steigen bei der Gärung an die Oberfläche des Bieres, weil sich an den großen Zellhaufen Kohlendioxidbläschen anlagern und Auftrieb erzeugen. Die untergärige Hefe ist nicht so gesellig, die Zellen trennen sich nach der Teilung, bilden so kaum Haftungsfläche für die Kohlendioxidbläschen und sinken deshalb auf den Boden des Gärtanks.

Die obergärige Hefe vergärt bei Temperaturen von 18-24 °C, die untergärige zwischen 8 und 15 °C. Dafür ist die Kühlung notwendig, denn wie jeder biologische Prozess setzt die Gärung Wärme frei, die abgeführt werden muss.

Typische obergärige Biere: Schinkel`s Weizenbier, Kölsch, Alt, Berliner Weiße.

Typische untergärige Biere: Witzenhäuser Kräusen, Schinkel’s Dunkel, Pils, Bockbier, Export, Lager.

Nun wird die Würze mit Druckluft aus dem Transporttank in den Gärtank gedrückt. Ab diesem Augenblick heißt die Flüssigkeit Bier. Nach einem Tag ist die Gärung in Gange, im Tank entstehen Druck und Wärme. Jeden Tag wird eine Zwickelprobe genommen, dabei wird die Temperatur gemessen, der Geruch beurteilt und der Extraktgehalt ausgespindelt. Am Extraktgehalt kann der Brauer sehen, wann die Gärung abgeschlossen ist.

Exkurs: Was ist der Extraktgehalt, was bedeutet Stammwürze?

Die Würze im Sudwerk ist ein Gemisch aus Wasser und gelösten Extraktstoffen, wie Malzzucker, Proteine, Vitamine, Aromastoffe. Der Anteil dieser Stoffe im Verhältnis zur Gesamtwürze wird als Stammwürze bezeichnet und in Prozent angegeben. Die Würze wird so lange gekocht (einreduziert), bis sich ein gewünschter Wert einstellt. Unsere Stammwürze schwankt zwischen 11,6 und 11,8 %. Gemessen wird sie mit einer Bierspindel, einem Messgerät, welches je nach Dichte der Würze unterschiedlich tief in diese einsinkt und sich dann an einer Skala ablesen lässt. Die Extraktstoffe werden bei der Gärung nach einer groben Faustregel zu je einem Drittel zu Alkohol und Kohlendioxid umgewandelt, das letzte Drittel ist der Restextraktgehalt, welcher bei der Gärung ständig gemessen wird.

Kommt nun der Restextraktwert der täglichen Probenahme bei etwa einem Drittel der Stammwürze an, wird der Gärtank drastisch herunter gekühlt (-1°C), um die Hauptgärung zu beenden.

Aus den täglich ermittelten Daten wird ein Gärdiagramm erstellt, aus dem dieser Verlauf deutlich sichtbar wird:

Durch die Kühlung kommt die Gärung zur Ruhe, die Kohlendioxidbindung wird fester, auch obergärige Hefe sinkt jetzt zu Boden. Das Jungbier ist fertig! Vor dem Umpumpen des Jungbieres wird die abgesetzte Hefe für den nächsten Gärvorgang abgezogen. Dann beginnt ein neuer Produktionsabschnitt:


Bier-Lagerung

Bierlagerung
Bierlagerung

Das Jungbier wird mit Druckluft aus dem Gärtank in den Lagertank gedrückt. Da im Jungbier schon Kohlendioxid gebunden ist, muss dieser Vorgang ständig unter Gegendruck erfolgen, da das Kohlendioxid sich sonst entbinden und das Bier aufschäumen würde, ähnlich wie das beim Zapfen eines frischen Bieres geschieht.

Das Bier wird ab jetzt ständig unter einem Druck von mindestens 0,8 bar gehalten, damit das nicht passiert. Der Lagertank wird mit Kohlendioxid auf ca. 1,5 bar Druck nachgefüllt, dieses legt sich wie eine schützende Decke über das Bier und schützt es vor dem Kontakt mit Luft, damit es nicht oxidiert (altert).

Der Lagertank wird auf -1 °C heruntergekühlt und während der gesamten Lagerung auf dieser Temperatur gehalten. Im Verlaufe von 2-3 Wochen Lagerzeit setzen sich die im Bier noch enthaltenen Trubstoffe, besonders die Hefe, am Tankboden ab: Das Bier klärt sich, der gewünschte Geschmack und eine noch festere Kohlendioxidbindung entwickeln sich. Das Bier reift.

Nach etwa 2 Wochen wird ein Zwickel am Lagertank angesetzt, und der Braumeister testet die Reife des Bieres nach Farbe, Trübe, Geruch, Geschmack und Rezenz (Prickeln der Kohlensäure). Der Zustand des Bieres ist täglich anders! Wenn alle Faktoren zur Zufriedenheit des Braumeisters ausfallen, kann das Bier abgefüllt werden.


Bier-Abfüllung

Das Bier wird nicht filtriert. Das Filtrieren wird den Industriebrauern überlassen.

Privatbrauerei SchinkelDie Filtration und Eiweißstabilisierung ist notwendig um Bier länger haltbar zu machen und somit den Marktbedingungen anzupassen. Dadurch gehen Geschmacksträger Vitamine und wertvolle Inhaltsstoffe verloren.

Bei dem Bier verzichtet man darauf, denn es soll ein natürliches Produkt mit allen Inhaltsstoffen entstehen.

Tankfaß
Tankfaß

Abgefüllt wird bei uns in 2 l-Siphons, 30- und 50 l KEG-Fässer, sowie neuerdings auch in unsere 0,5l Bügelverschlußflaschen. Die Fässer werden direkt vor der Abfüllung mit einer Fassreinugungsanlage gereinigt, desinfiziert und gespült. Gleichzeitig werden sie auch von dieser Anlage vorgespannt, d. h. mit einem Überdruck versehen. Die Flaschen werden von Hand sorgfältig gereinigt.

Die Flaschen werden, je nach Umsatz, immer frisch gefüllt. Das geschieht mit Hilfe einer Abfüllmaschine. Das Bier, das Sie hier trinken, ist in der Regel nie älter als 10 Tage nach der Abfüllung. Frischer geht es kaum!

Das Abfülldatum der Fässer können Sie sogar selbst erkennen: Werfen Sie durch das Fenster einen Blick in den Kühlraum. Sie können das Fass sehen, aus dem Ihr Bier im Glas gezapft wurde.

Mit einer speziellen Zapfarmatur werden die Fässer direkt aus dem Lagertank gefüllt. Das Füllen eines 50-Liter-Fasses dauert etwa 5-7 Minuten. Man lässt das Bier auch hier wieder langsam gegen einen Gegendruck strömen, damit es nicht aufschäumt und die Kohlensäure sich entbindet.

Die Flaschen werden, je nach Umsatz, immer frisch gefüllt. Das geschieht mit Hilfe einer Abfüllmaschine. Das Bier, das Sie hier trinken, ist in der Regel nie älter als 10 Tage nach der Abfüllung. Frischer geht es kaum!

Das Abfülldatum der Fässer können Sie sogar selbst erkennen: Werfen Sie durch das Fenster einen Blick in den Kühlraum. Sie können das Fass sehen, aus dem Ihr Bier im Glas gezapft wurde.

Erfrischen Sie sich nach der Lektüre mit einem Bier! Wohl bekomm’s!

Weitere Informationen zur Bierherstellung und der Privatbrauerei aus Witzenhausen mit dem leckeren Ökobier finden Sie in der Rubrik 'Gastronomie' und auf der Homepage.



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Getreide

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